Sonntag, 17. Juli 2016

Sherlock

Ja, es geht schon wieder nicht um ein Buch und ja, es geht schon wieder unter Anderem um Benedict Cumberbatch. 
Im letzten Post hatte ich ja schon ganz kurz und sachlich erläutert, wieso ich diesen Schauspieler einfach abgöttisch verehre und mit dieser Liebeserklärung soll es heute weitergehen. 
Die meisten, die Benedict Cumberbatch kennen, werden ihn wahrscheinlich in "Sherlock" das erste Mal gesehen haben und zu genau dieser Gruppe gehöre ich auch. Aber es soll natürlich nicht nur um den wehrten Herrn Cumberbatch gehen, sondern vor allem um diese grandiose Serie. 

Die Serie "Sherlock" basiert, wie unschwer zu erraten, auf den Büchern von Arthur Conan Doyle, welche ab 1887 veröffentlich wurden. Den Autoren, Mark Gatiss und Steven Moffat, gelingt hierbei das Kunststück, Strukturen und Details aus den alten Geschichten und diese nahtlos in die heutige, moderne Zeit einzuflechten und dadurch die Handlung, obwohl eigentlich im 19. Jahrhundert spielend, auch in der heutigen Zeit funktionieren zu lassen. Beispiele für verwendete Geschichten sind "A study in scarlet" oder "The Hound of the Baskerville". 
Das Besondere ist, dass die Autoren nicht einfach nur die Geschichten mit modernen Elementen wiedererzählen, sondern eigene Geschichten bauen und dadurch ein gesamtes, neues Konstrukt um Sherlock Holmes und John Watson herum bauen. 
So, Achtung, I'm talking actors now. 
Hach. Sherlock. Benedict Cumberbatch. Eigentlich sind keine Worte notwendig, aber ich mach's trotzdem. Die Figur Sherlock wird in der Serie als "high functioning sociapath" beschrieben und eben so verhält er sich auch. Auf den ersten Blick unsensibel, unhöflich und unaufmerksam, aber eben nur auf den ersten Blick. Und hier kommt Cumberbatch zum Einsatz. Er schafft es, durch Blicke, durch Gesten und durch Mimik, dass man Sherlock trotzdem liebt. Man glaubt nicht  an diese Oberfläche des Soziopathen, man sieht etwas Tieferes in ihm, was er nur versteckt (Theorien darüber gibt's beispielsweise auf Tumblr!) und ich weiß nicht, ob ein anderer Schauspieler das so gut und glaubhaft rüberbringen könnte. Sobald er in der Rolle ist, dann erkennt man ihn nicht mehr als Benedict Cumberbatch, der das Wort penguin nicht aussprechen kann, er ist dann Sherlock mit all seinem Sein. Und genau das macht ihn für mich so brilliant und bewundernswert als Schauspieler. Er spielt seine Figuren nicht, er wird zu ihnen und gibt alles, was er hat, um diese zu verkörpern. Übrigens kann ich hier auch nur wieder sagen: Wenn ihr könnt, schaut euch die Serie auf Englisch an. Seine Stimme...pure Gänsehaut. 
Kommen wir zu seinem Gegenspieler, John Watson. John wird von Martin Freeman gespielt, der vielen bestimmt aus Filmen wie "Der Hobbit" oder der Serie "Fargo" bekannt ist, und auch dieser Rolle ist super besetzt. Grade im Zusammenspiel mit Cumberbatch, zeigt Martin Freeman einfach wie gut er schauspielern kann und die Chemie der Beiden ist super, es passt, wie man so schön sagt, wie Arsch auf Eimer. Grade in emotionalen Szenen bricht mir Freeman jedes Mal wieder das Herz und in einer bestimmten Szene muss ich jedes Mal wieder heulen, weil er es so emotional rüberbringt. 
Aber auch die anderen Charaktere sind sehr gut besetzt, allen voran Mycroft Holmes, Sherlocks Bruder, der von Mark Gatiss gespielt wird, der ebenfalls als einer der Haupt-Autoren tätig ist. Ich liebe Mycroft einfach. Oh und natürlich, nicht zu vergessen, Andrew Scott, der Moriarty spielt. Großartiger Schauspieler, man hat quasi wirklich Angst vor ihm und kann den Wahnsinn in seinen Augen sehen. Wirklich großartig. 
Oh, ganz wichtig: Die Kameraführung bzw. die Übergänge und so. Bereits in der ersten Folge ist mir die Kameraführung seeehr positiv aufgefallen, ohne, dass ich es wirklich beschreiben könnte. Ein paar Beispiele für Übergänge oder special effects sind mir aber grade noch eingefallen. Beispielsweise sitzt Sherlock in einer Szene auf dem Boden und vor ihm fliegen Zeitungsschlagzeilen in der Luft, die er mit seinen Fingern wegwischen kann oder er und John sitzen im Wohnzimmer und diskutieren über einen Tatort und plötzlich sitzen sie mit ihrem Sofa und der Wohnzimmerwand am Tatort, auf einer Wiese am Fluss. Mal ganz abgesehen davon, wie aufwendig solche Einstellungen sind, ist das einfach mal was Neues, Aufregendes. 
Noch kurz ein paar allgemeine Punkte vor dem großen Fazit: Sherlock wurde das erste Mal 2010 ausgestrahlt und hat mittlerweile 3 Staffeln mit jeweils 3 Folgen. Letztes Jahr Weihnachten ist außerdem ein Weihnachtsspecial erschienen, welches tatsächlich im viktorianischen Zeitalter spielt, so wie die eigentlichen Geschichten von Doyle damals auch. Ende 2016 erscheint (ENDLICH!!!) die vierte Staffel der Serie. 
Fazit: Ja, was soll ich noch sagen. Die Serie ist ein Genuss. Jede Folge ist spannend und zieht einen komplett in ihren Bann. Was mir jedoch am Besten gefällt, ist, dass es nicht nur um die Fälle geht, sondern vor allem um die Freundschaft zwischen Sherlock und John, um ihre Geschichte und ihre Charakterentwicklung, genauso wie zum Beispiel um die Entwicklung zwischen Sherlock und seinem älteren Bruder Mycroft. Es ist nicht nur eine Detektivserie, es ist vor allem eine Serie, in der es um Freundschaft, um Liebe und um persönliche Entwicklung geht und trotzdem werden auch wichtige, aktuelle Themen angesprochen wie beispielsweise psychische Krankheiten oder Feminismus. 
Kleiner Tipp noch am Ende: Falls ihr euch die Serie auf DVD kauft, kauft euch direkt alle. Die Cliffhanger sind sowas von grausam, das bereut man sonst nur im Nachhinein!


Funfact: 
Als ich im Januar in London war, konnte ich es mir als kompletter Sherlock-Nerd natürlich nicht nehmen lassen, wenigstens die offizielle Fassade von Johns und Sherlocks Wohnung zu besuchen. Noch dazu waren wir bei "Speedy's" essen, da haben Benedict Cumbatch, Mark Gatiss und eigentlich alle anderen Schauspieler auch schon gegessen und es war nicht nur lecker und günstig, sondern auch echt eine schöne Erfahrung. An den Wänden hängen überall Bilder von dem Ladenbesitzer und und den Schauspielern und man hatte wirklich ein wenig das Gefühl, als würden Sherlock und John gleich schnell zum Mittagessen vorbei kommen.
Die Szene beispielsweise am Ende von der ersten Folge der zweiten Staffel, in der sich Mycroft und John unterhalten, wurde auch in dem Restaurant gedreht!

Donnerstag, 7. Juli 2016

Third Star

Der Film "Third Star" handelt von dem krebskranken James, dessen größter Wunsch es ist, noch einmal an seinen Lieblingsstrand zu fahren, bevor die Krankheit ihn schließlich besiegt. Selbstverständlich erfüllen seine Freunde ihm diesen Wunsch und wandern bzw. fahren mit ihm zusammen an die walisische Küste. Nicht nur auf dem Weg dorthin wird ihre Freundschaft zwischendurch auf die Probe gestellt, denn als sie schließlich ihr Ziel erreichen, stehen sie plötzlich vor der schwierigsten Aufgabe ihres ganzen Lebens.

Zuallererst: Dieser Film ist nichts für schwache Nerven. Ich bin in einen regelrechten Heulkrampf gefallen und sah nachher aus wie ein aufgedunsener Ballon.

Hm...wo fang ich an. Ich glaube, bei den Schauspielern.
*ACHTUNG: Hier folgt eine Liebeserklärung an Benedict Cumberbatch* Hach. Benedict Cumberbatch. Er spielt die Hauptrolle des krebskranken James und was soll ich sagen. Meiner Meinung nach ist dieser Mann einer der beste Schauspieler unseres Planeten und wird es vermutlich auch immer bleiben. Ob in "Sherlock", "The Imitation Game" oder hier in "Third Star", er schafft es einfach regelmäßig mich zum Lachen, Weinen oder auch einfach nur fassungslos-vor-mich-hin-Starren zu bringen. Dieser Mann verkörpert für mich Schauspiel, er stellt seine Figuren nicht dar, er nimmt sich ihrer an und verschmelzt mit ihnen. Auch hier bringt er seine Rolle so dermaßen glaubhaft und berührend rüber, ohne sich irgendwelcher Klischees zu bedienen. Einfach toll.
Aber auch die anderen Schauspieler, Tom Burke, JJ Feild, Adam Robertson und Hugh Bonneville, sind großartig. Natürlich sticht Benedict mehr heraus, schon alleine, weil seine Figur anspruchsvoller zu spielen ist, aber sie runden das gesamte Bild ab. Man glaubt ihnen, dass sie in dieser Situation stecken, dass sie sich manchmal gegenseitig den Kopf abreißen möchten und zwischendurch einfach nur kurz vor dem Aufgeben stehen. Es ist glaubhaft. Keine inszenierte Krankheits-Geschichte, voller Selbstmitleid und gestellten Heul-Szenen. Da sind 4 Männer, die vor einer Reise stehen und sich noch dazu mit den Problemen des Erwachsen-Seins und vielleicht auch teilweise noch -Werdens auseinander setzen müssen.
Wie schon gesagt, dank der Schauspieler kommt die ganze Geschichte echt rüber. Sie wirkt nicht gestellt, es ist tatsächlich, als würde man sie auf ihrer Reise begleiten und mit ihnen durch Höhen und Tiefen gehen.
Besonders gut gefallen hat mir auch die Kameraführung und die Landschaft. Ich hatte Wales vorher ehrlich gesagt nie so wirklich auf dem Schirm, aber die walisische Küstenlandschaft ist ein Traum. Wundervoll ausgewählt, auch der Strand, das Ziel ihrer Reise, ist so schön, dass ich dort auch mal gerne hinfahren würde.
Übrigens, wenn möglich, würd ich empfehlen, den Film auf Englisch zu gucken. Teilweise vielleicht mit deutschen Untertiteln, weil der britische Akzent der Herren doch deutlich ausgeprägt ist, aber im Endeffekt lohnt es sich einfach. Ich bin erstens Fan vom britischen Akzent (Hach.) und zweitens sind Originalstimmen einfach immer besser als Synchronstimmen. Vor Allem Cumberbatchs Stimme...wer sie einmal gehört hat, wird wissen, was ich meine. Gänsehaut pur.

So, was soll ich noch sagen. Der Film ist so so schön. Man wird mitgenommen auf eine Reise, die nicht nur Sonnenschein und wolkenfreier Himmel bedeutet, zwischendurch stürmt und regnet es auch, man sieht wie zwischenmenschliche Probleme entstehen und dass auch Freunde manchmal vor Schwierigkeiten stehen. Aber auch eben nicht nur, zwischendurch habe ich herzhaft gelacht oder saß einfach nur hier und habe genossen. So schöne Bilder, so schöne Dialoge, so großartige Schauspieler.
Das Ende...tja. Was soll ich dazu sagen. Ich denke, man kann sich eigentlich schon denken, was passiert und ich habe so so geweint, es ging echt gar nichts mehr. Es hat mir wirklich das Herz gebrochen und ich konnte danach erstmal gar nichts sagen. Aber auch das Ende war auf seine Weise einfach schön. Große Filmempfehlung!

Allgemein: Der Film ist im Jahr 2013 erschienen und dauert insgesamt 88 Minuten. Verfügbare Sprachen sind Deutsch und Englisch und als Extra auf der DVD ist ein "Behind the scenes" vorhanden.





Dienstag, 5. Juli 2016

Jane Eyre- Charlotte Brontë

"Jane Eyre" handelt von Jane Eyre. Ende.
Haha.
Brüller.

So, jetzt mal im Ernst. "Jane Eyre" wurde 1847 von Charlotte Bronte verfasst und verfolgt den Lebensweg einer jungen Frau, die diesem Buch ganz offensichtlich ihren Namen geliehen hat. Jane wuchs bei einer Familie auf, die ihrer eigentlich komplett überdrüssig war und sich nur aus einem alten Versprechen heraus um sie gekümmert hat. Dementsprechend fade und lieblos fiel auch ihre Kindheit aus, bevor sie schließlich in ein sehr streng christliches Internat geschickt wurde. Nach ihrem Abschluss und einer kurzen Tätigkeit als Lehrerin, beschließt Jane schließlich, Gouvernante zu werden und landet so im Haus eines gewissen Mr. Rochesters. Genau dieser Hausherr schleicht sich langsam aber sicher tiefer und tiefer ins Janes Herz und stellt sie vor immer neue emotionale Herausforderungen.

Mehr möchte ich an dieser Stelle zum Inhalt nicht sagen, ich denke, das reicht. Sonst ist ja die ganze Spannung weg. Wobei...aber dazu komm ich später.
Der Originaltitel des Buches lautet "Jane Eyre. An Autobiography." und der Name ist wie so oft Programm. Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive erzählt und spiegelt somit sehr genau Janes Gefühle und Gedanken wieder, was ich ja eigentlich sehr mag, hier aber teilweise auch etwas langatmig und ausufernd finde.
Kommen wir zur zuvor schon angesprochenen Spannung. Ja, wie soll ich sagen...ich suche sie quasi heute noch. Natürlich sind viktorianische mehr oder weniger Liebesromane kein Psychothriller und rasante Verfolgungsjagden sucht man hier genauso vergeblich, wie perfide planende Serienkiller. Ist mir klar. Allerdings...wenn das heimische Bächlein schon schneller vor sich hin plätschert, als dieses Buch, dann ist in meinen Augen irgendetwas falsch gelaufen. Klar, gibt es den ein oder anderen kleinen Überraschungsmoment, aber irgendwie hat es mich die ganzen 600 Seiten über nicht so richtig gepackt.
Ein deutlicher Pluspunkt hingegen sind die Charaktere. Jane wird im ganzen Roman als mittelklassig und alles andere als hübsch beschrieben. Sie ist der wandelnde Durchschnitt und bekommt das auch von allen Leuten deutlich zu spüren. Aber trotzdem, oder gerade deshalb, hat sie ihren eigenen Kopf. Sie kämpft für ihre Rechte und ihre Meinung, wenn auch für meinen Geschmack immer etwas zu spät, und versucht, ihren Kopf durchzusetzen. Sie lässt sich nicht unterbuttern, obwohl sie in einer Familie ohne Liebe aufgewachsen ist, ohne Zuspruch und Bestätigung. Sie zeigt, dass man sich auch ohne Geld, ohne Rückhalt und völlig auf sich allein gestellt, prächtig entwickeln kann und vielleicht in mancherlei Hinsicht sogar noch besser, als mit all diesen Privilegien. Jane Eyre ist eine starke, unabhängige Frau, die ihren Weg trotz zahlreicher Schwierigkeiten gegangen ist.
So und jetzt kommt leider das große "Aber". Vielleicht war meine Erwartungshaltung zu groß, vielleicht bin ich komisch, aber es hat mich leider nicht so wirklich gepackt. "Jane Eyre" wurde und wird von Kritikern hochgelobt, sie selbst als die berühmteste Gouvernante der Literatur dargestellt, aber irgendwie...mir fehlte diese Spritzigkeit, dieser unterschwellige Sarkasmus, den man von Jane Austen kennt und welcher auch teilweise in "Agnes Grey" von Anne Bronte beispielsweise zu finden ist.
Ich denke, man merkt so langsam, dass mich dieser Klassiker der Weltliteratur eher so mittelmäßig beeindruckt hat, was mich selber ein wenig traurig macht, weil ich mir echt viel von dem Buch versprochen hatte. Leider hat's mich echt einfach nicht gefesselt und mitgerissen, auch wenn ich noch mal ganz klar sagen muss, dass ich es auch auf keinen Fall schlecht fand. Aber eben auch nicht gut.
Am Besten gefallen hat mir tatsächlich die Figur Jane Eyre an sich, ich finde es immer wieder bewunderswert, wie emanzipiert und selbstständig die Autorinnen der damaligen Zeit ihre Frauen skizziert haben, manche in der heutigen Zeit könnten sich da durchaus noch eine Scheibe von abschneiden.

Zur Ausgabe: Lange Zeit bin ich um die wunderschöne Ausgabe der dtv-Klassiker, bis ich sie mir dann schließlich doch gekauft habe. Teils aus Neugier auf das Buch, teils weil sie einfach so schön ist. Der Einband ist relativ fest und mit Leinen überzogen, die Seiten schon ziemlich dünn, aber durchaus gut zu lesen. Das Buch ist kleiner, als normale gebundene Bücher, es passt also super in die Tasche. Einfach schön. Ich hab mir anschließend direkt die Ausgabe von "Sturmhöhe" gekauft, ich bin gespannt. Nebeneinander im Regalsehen sie aber schon mal absolut wunderschön aus.
Übrigens: Ich hab mich mal mit einer Verkäuferin im Mayersche unterhalten und sie sagte mir, dass diese Ausgabe nicht mehr nachgedruckt wird. Das heißt, falls ihr sie auch im Regal stehen haben wollt, würd ich mich demnächst mal danach umsehen, weil sie vielleicht ausverkauft sein sollten. Ich weiß nicht, inwiefern das stimmt, belehrt mich gerne eines Besseren!

Zur Autorin: Charlotte Bronte wurde am 21. April 1816 in England und starb dort auch am 31. März 1855 an den Folgen einer Tuberkuloseerkrankung. Charlotte war die älteste der drei Bronte-Schwestern und hatte somit nach dem Tod ihrer Mutter die Aufgabe, ihre jüngeren Schwestern zu erziehen. Sie selbst arbeitete als Lehrerin und Gouvernante, was ihr auch als Anlass für den Roman "Jane Eyre" diente. Den Roman selbst veröffentlichte sie, genau wie ihre Schwestern, zuerst unter einem Pseudonym, bekannte sich aber schließlich doch zu ihrem Werk. Andere Werke von Charlotte Bronte sind "Shirley", "Villette" oder "The Professor" (will ich unbedingt noch lesen!).

Samstag, 2. Juli 2016

Autorenliebe: Pascal Mercier

Es gibt sie tatsächlich, die große Liebe. Bis jetzt zwar noch einseitig, aber dafür umso emotionaler und intensiver.
Die Rede ist (leider?!) nicht von einem 24-jährigen, rothaarigen Surfer mit Hund und eigenem Campingvan, sondern von meinem neuen Lieblingsautor: Pascal Mercier.
Wie alle guten Geschichten im Leben, wurde unsere erste Begegnung vom Zufall geschrieben. Oder eigentlich eher meiner Geldnot, denn ich scrollte durch Rebuy und suchte mir Bücher aus, die sich einigermaßen gut anhörten und noch dazu meinen Geldbeutel so wenig wie möglich strapazierten.
Und da war es. Aus heutiger Sicht hätte ich mir Engelschöre oder mindestens einen verirrten Sonnenstrahl auf meinem Bildschirm gewünscht, aber gut. "Nachtzug nach Lissabon".
Insgesamt hat mich unser Date glaub ich 90 Cent gekostet.
Und dann später, als es bei mir eingezogen war, haben wir angefangen, uns zu unterhalten. Am Anfang war ich der aktivere Part, aber dann hat es angefangen, zu mir zu sprechen. Manche werden mich jetzt, wahrscheinlich in die Geschlossene einweisen wollen, aber so war es.
Vielleicht muss ich das kurz erklären. Ich liebe die deutsche Sprache. Ich finde sie wundervoll, so vielfältig, so zart, wenn man sie zu benutzen weiß und so...ja poetisch. Nicht umsonst sagt man, Deutsch sei die Sprache der Dichter und Denker. Sie ist es.
Wenn ich wirklich schöne, durchdachte Sätze lese, wenn diese Wörter eine Geschichte erzählen, eine Welt aufbauen und mich mit ihrer Konstruktion und Spritzigkeit komplett mitreißen, dann bekomme ich am ganzen Körper Gänsehaut, nicht selten sammeln sich Tränen in meinen Augen und ich muss einfach lachen, weil es so perfekt ist. Für Menschen, die nicht lesen, ist diese Reaktion wahrscheinlich absolut abwegig und wahrscheinlich auch für viele Leser, aber ich liebe Sprache einfach. Das geschriebene Wort ist für mich die größte Form der Kunst. Zusammen mit der Musik.

Um wieder auf mein Thema zurückzukommen: Genauso ging es mir, während unserer Unterhaltung.
Mehrmals musste ich mich abwenden, durchatmen und den Nachhall der Worte in meinem Kopf genießen. So großspurig und eklig schleimig das klingt, genauso war es.
Als ich "Nachtzug nach Lissabon" beendet hatte, war mir klar, dass ich lange nicht mehr ein so gutes Buch gelesen hatte, mit solch einer Vielfalt, mit solch einer Eleganz und Wortartistik. Ganz großes Kino.

Dementsprechend hab ich mir natürlich auch die anderen Bücher angeschaut, denn ein Vater hat ja bekanntlich auch noch andere schöne Söhne und im gleichen Atemzug "Der Klavierstimmer" bestellt.
Eingezogen, unterhalten, gleiches Prozedere. Ganz anderer Charakter, gleiche Werte und Eleganz.
"Lea" bestellt. Gelesen. Verliebt.
Das letzte Mitglied der Familie Mercier wartet noch auf mich. "Perlmanns Schweigen" steht in meinem Regal und wartet darauf, dass wir uns unterhalten. Momentan versuche ich das so lange wie möglich herauszuzögern, weil ich nicht will, dass es vorbei ist. Neugier und Vorfreude kämpfen gegen Trauer und Nicht-wahr-haben-wollen. Aber bald wird es so weit sein.

Diese Liebe wird wohl nicht so schnell vergehen. In meinem Regal ist immer ein Platz für die Familie Mercier frei.



PS: Übrigens, Pascal Mercier ist eigentlich nur ein Künstlername, eigentlich heißt der gute Mann Peter Bieri, wurde im Jahr 1944 in der Schweiz geboren und ist Philosoph und Autor. In der Schule damals haben wir oft Texte von ihm gelesen und schon da haben mir seine immer mit am Besten gefallen. Als ich Pascal Mercier dann suchte und mir Google den Philosoph Peter Bieri ausspuckte, saß ich da zuerst mal ein Mondkalb und hab mich gefreut.