"Jane Eyre" handelt von Jane Eyre. Ende.
Haha.
Brüller.
So, jetzt mal im Ernst. "Jane Eyre" wurde 1847 von Charlotte Bronte verfasst und verfolgt den Lebensweg einer jungen Frau, die diesem Buch ganz offensichtlich ihren Namen geliehen hat. Jane wuchs bei einer Familie auf, die ihrer eigentlich komplett überdrüssig war und sich nur aus einem alten Versprechen heraus um sie gekümmert hat. Dementsprechend fade und lieblos fiel auch ihre Kindheit aus, bevor sie schließlich in ein sehr streng christliches Internat geschickt wurde. Nach ihrem Abschluss und einer kurzen Tätigkeit als Lehrerin, beschließt Jane schließlich, Gouvernante zu werden und landet so im Haus eines gewissen Mr. Rochesters. Genau dieser Hausherr schleicht sich langsam aber sicher tiefer und tiefer ins Janes Herz und stellt sie vor immer neue emotionale Herausforderungen.
Mehr möchte ich an dieser Stelle zum Inhalt nicht sagen, ich denke, das reicht. Sonst ist ja die ganze Spannung weg. Wobei...aber dazu komm ich später.
Der Originaltitel des Buches lautet "Jane Eyre. An Autobiography." und der Name ist wie so oft Programm. Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive erzählt und spiegelt somit sehr genau Janes Gefühle und Gedanken wieder, was ich ja eigentlich sehr mag, hier aber teilweise auch etwas langatmig und ausufernd finde.
Kommen wir zur zuvor schon angesprochenen Spannung. Ja, wie soll ich sagen...ich suche sie quasi heute noch. Natürlich sind viktorianische mehr oder weniger Liebesromane kein Psychothriller und rasante Verfolgungsjagden sucht man hier genauso vergeblich, wie perfide planende Serienkiller. Ist mir klar. Allerdings...wenn das heimische Bächlein schon schneller vor sich hin plätschert, als dieses Buch, dann ist in meinen Augen irgendetwas falsch gelaufen. Klar, gibt es den ein oder anderen kleinen Überraschungsmoment, aber irgendwie hat es mich die ganzen 600 Seiten über nicht so richtig gepackt.
Ein deutlicher Pluspunkt hingegen sind die Charaktere. Jane wird im ganzen Roman als mittelklassig und alles andere als hübsch beschrieben. Sie ist der wandelnde Durchschnitt und bekommt das auch von allen Leuten deutlich zu spüren. Aber trotzdem, oder gerade deshalb, hat sie ihren eigenen Kopf. Sie kämpft für ihre Rechte und ihre Meinung, wenn auch für meinen Geschmack immer etwas zu spät, und versucht, ihren Kopf durchzusetzen. Sie lässt sich nicht unterbuttern, obwohl sie in einer Familie ohne Liebe aufgewachsen ist, ohne Zuspruch und Bestätigung. Sie zeigt, dass man sich auch ohne Geld, ohne Rückhalt und völlig auf sich allein gestellt, prächtig entwickeln kann und vielleicht in mancherlei Hinsicht sogar noch besser, als mit all diesen Privilegien. Jane Eyre ist eine starke, unabhängige Frau, die ihren Weg trotz zahlreicher Schwierigkeiten gegangen ist.
So und jetzt kommt leider das große "Aber". Vielleicht war meine Erwartungshaltung zu groß, vielleicht bin ich komisch, aber es hat mich leider nicht so wirklich gepackt. "Jane Eyre" wurde und wird von Kritikern hochgelobt, sie selbst als die berühmteste Gouvernante der Literatur dargestellt, aber irgendwie...mir fehlte diese Spritzigkeit, dieser unterschwellige Sarkasmus, den man von Jane Austen kennt und welcher auch teilweise in "Agnes Grey" von Anne Bronte beispielsweise zu finden ist.
Ich denke, man merkt so langsam, dass mich dieser Klassiker der Weltliteratur eher so mittelmäßig beeindruckt hat, was mich selber ein wenig traurig macht, weil ich mir echt viel von dem Buch versprochen hatte. Leider hat's mich echt einfach nicht gefesselt und mitgerissen, auch wenn ich noch mal ganz klar sagen muss, dass ich es auch auf keinen Fall schlecht fand. Aber eben auch nicht gut.
Am Besten gefallen hat mir tatsächlich die Figur Jane Eyre an sich, ich finde es immer wieder bewunderswert, wie emanzipiert und selbstständig die Autorinnen der damaligen Zeit ihre Frauen skizziert haben, manche in der heutigen Zeit könnten sich da durchaus noch eine Scheibe von abschneiden.
Zur Ausgabe: Lange Zeit bin ich um die wunderschöne Ausgabe der dtv-Klassiker, bis ich sie mir dann schließlich doch gekauft habe. Teils aus Neugier auf das Buch, teils weil sie einfach so schön ist. Der Einband ist relativ fest und mit Leinen überzogen, die Seiten schon ziemlich dünn, aber durchaus gut zu lesen. Das Buch ist kleiner, als normale gebundene Bücher, es passt also super in die Tasche. Einfach schön. Ich hab mir anschließend direkt die Ausgabe von "Sturmhöhe" gekauft, ich bin gespannt. Nebeneinander im Regalsehen sie aber schon mal absolut wunderschön aus.
Übrigens: Ich hab mich mal mit einer Verkäuferin im Mayersche unterhalten und sie sagte mir, dass diese Ausgabe nicht mehr nachgedruckt wird. Das heißt, falls ihr sie auch im Regal stehen haben wollt, würd ich mich demnächst mal danach umsehen, weil sie vielleicht ausverkauft sein sollten. Ich weiß nicht, inwiefern das stimmt, belehrt mich gerne eines Besseren!
Zur Autorin: Charlotte Bronte wurde am 21. April 1816 in England und starb dort auch am 31. März 1855 an den Folgen einer Tuberkuloseerkrankung. Charlotte war die älteste der drei Bronte-Schwestern und hatte somit nach dem Tod ihrer Mutter die Aufgabe, ihre jüngeren Schwestern zu erziehen. Sie selbst arbeitete als Lehrerin und Gouvernante, was ihr auch als Anlass für den Roman "Jane Eyre" diente. Den Roman selbst veröffentlichte sie, genau wie ihre Schwestern, zuerst unter einem Pseudonym, bekannte sich aber schließlich doch zu ihrem Werk. Andere Werke von Charlotte Bronte sind "Shirley", "Villette" oder "The Professor" (will ich unbedingt noch lesen!).
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